Zusätzliches Armeebudget zur Stärkung der Artillerie einsetzen!

Die Schweizerische Offiziersgesellschaft der Artillerie (SOGART) begrüsst die parlamentarischen Vorstösse zur schrittweisen Erhöhung der Armeeausgaben auf rund CHF 7 Mrd pro Jahr. Ebenfalls ganz im Sinne der SOGART ist eine Erhöhung des Armee-Sollbestandes auf neu 120’000 Personen. Als Vertreterin der Offiziere des Waffensystems Artillerie fordert die SOGART aber vehement die zusätzlichen Mittel besonders zur Stärkung des Gesamtsystems Artillerie einzusetzen. Zu sehr wurde in den vergangenen Jahren bei der Artillerie gespart und ihre Wirkung kontinuierlich abgebaut.

Der Krieg in der Ukraine zeigt schonungslos auf, dass Frieden und Sicherheit für keinen Staat garantiert sind. Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für Freiheit und Wohlstand in der Schweiz. Daher fordert die SOGART von Bundesrat, Parlament und der Armee folgende Fähigkeiten der Artillerie zu stärken bzw. aufzubauen:

Beschaffung eines neuen Artilleriesystems mittlerer Reichweite (bis 100km)

Die Panzerhaubitzen M-109 wurden ab den 1970er-Jahren beschafft. Die heutigen Anforderungen an Schutz und Mobilität, Präzision und Reichweite sowie Vernetzung werden nicht mehr erfüllt. Ein Ersatz ist zwingend notwendig, um die eigenen Kräfte mit indirekt wirkenden Mitteln unterstützen zu können. Dabei müssen Ziele sowohl punktgenau getroffen werden können (Einzelfahrzeuge), wie auch Flächenziele bekämpft werden können (z.B. Massierungen von gegnerischen Waffensystemen).

Der bereits eingeleitete Beschaffungsprozess für ein neues Artilleriesystem ist konsequent weiter zu verfolgen und wo möglich zu beschleunigen. Die finanziellen Mittel sind so aufzustocken, dass die Armee ein lückenloses Gesamtsystem Artillerie beschaffen kann. Dazu gehören auch ein Flugbahnradar um gegnerisches Feuer zu detektieren, neue Feuerführungs- und Feuerleitungssysteme, Systeme zur Messung der meteorologischen Verhältnisse, Beobachtungsinstrumente zur Beleuchtung von Zielen (sei es mittels Drohnen oder terrestrischer Beobachterequipen, sogenannte Forward Observer Teams), geschützte Logistikelemente, Infrastruktur zur Lagerung von Munition und Betriebsstoff sowie Simulatoren für die Ausbildung und Trainings auf unterschiedlichen Stufen.

Zusätzliche Beschaffung von Mörser für kurze Einsatzdistanzen (bis 10km)

Mit dem Rüstungsprogramm 2014 hat das Parlament den Kauf von 32 mobilen 12 cm Mörsersystemen als Ersatz für die 2009 ausser Dienst gestellten Panzerminenwerfer für rund 404 Mio. Fr. bewilligt. Damit wird die Fähigkeitslücke in der unmittelbaren Feuerunterstützung auf kurze Distanz zu Gunsten der Kampfbataillone geschlossen. Allerdings reicht die Anzahl von 32 Stück 12-cm-Mörser 16 nicht aus, um alle Panzer-/Mechanisierte Bataillone zu unterstützten.

Es sind zusätzliche Mörser zu beschaffen, damit alle Panzer-/Mechanisierte Bataillone ihre Aktionen mit eigenem indirektem Feuer kurzer Reichweite unterstützen können (z.B. sperren von Achsen).

Evaluation von Raketenartillerie mit grosser Reichweite (über 100km)

In modernen Konflikten versucht der Aggressor – mindestens in den ersten Phasen – die Wirkung auf grosse Distanz zu erzielen. Die in der Schweiz eingesetzte Rohrartillerie ist zusammen mit den Mitteln der Luftwaffe die einzig verfügbare Abstandswaffe. Allerdings sind Kampfflugzeuge immer nur in einer kleinen Anzahl verfügbar und es besteht eine grosse Abhängigkeit von den Witterungsverhältnissen. Luftangriffe werden daher vor allem gegen Schlüsselziele durchgeführt, welche ausserhalb der Reichweite der Artillerie liegen. Über die Fähigkeit, operatives Feuer schiessen zu können, verfügte die Schweizer Artillerie noch nie.

Es ist eine Evaluation eines Artilleriesystems mit grosser Reichweite einzuleiten. Dabei geht es nebst der Fähigkeit operatives Feuer schiessen zu können auch darum, die Artillerie dem gegnerischen Feuer zu entziehen.

Beschaffung von unterschiedlichen Munitionstypen

Für die Wirkung im Ziel ist entscheidend, welche Munition eigesetzt wird. Dabei gilt es drei Dimensionen abzuwägen: Reichweite, Präzision und Sprengkraft. Nebst der Übungsgranate und dem Beleuchtungsgeschoss bestehen in der Schweizer Armee nur noch zwei Typen von 15,5-cm Artilleriegranaten. Die Stahlgranate mit beschränkter Wirkung gegen gepanzerte Ziele sowie die nur in kleiner Stückzahl vorhandene Suchzündermunition SMArt 155. Die zwischen 1988 und 1999 beschafften Kanistergeschosse wurden mit der Ratifizierung des Übereinkommens über Streumunition auf Grund der hohen Blindgängerrate verboten und entsorgt.

Im Zuge der Erneuerung der Wirkplattformen (Ersatz M-109 und Einführung Mörser) ist zwingend Munition für unterschiedliche Einsatzbereiche zu beschaffen. Die Artillerie muss die Fähigkeit haben, mit konventioneller Munition gegen grossflächige Ziele eingesetzt zu werden, mit Präzisionsmunition Einzelziele zu bekämpfen oder etwa mit sprengstoffreduzierter Munition Feuerunterstützung in einem engen Raum wie Strassenschluchten zu leisten.

Stärkung der Durchhaltefähigkeit und Erhöhung der Truppenbestände der Artillerie

Die Artillerie leistet in jeder Phase eines Konfliktes einen entscheidenden Beitrag für den Erfolg. Sei es mit ihren Beobachtungsorganen, der Allgemeinen Feuerunterstützung meist zu Kampfbeginn oder der Unmittelbaren Feuerunterstützung bei entscheidenden Aktionen eigener Kampfverbände. In den vergangenen Jahrzehnten wurde die Artillerie massiv reduziert oder wie die Festungsartillerie sogar gänzlich abgeschafft. Heute bestehen noch lediglich 4 Artillerieabteilungen.

Die Artillerie ist so zu stärken, dass sie über eine längere Einsatzphase eingesetzt werden kann. Nebst der Investition in zusätzliche Fahrzeuge, Munition und Geräte muss auch die Alimentierung verbessert werden. Die parlamentarisch geforderte Erhöhung des Armee-Sollbestandes auf 120’000 Personen (heute 100’000) soll ausschliesslich zur Stärkung des Verteidigungskerns der Armee und damit auch der Artillerie genutzt werden.

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